Der Arbeitgeber rundete einen bruchteiligen Urlaubsanspruch von 0,15 auf Null ab. Ist das zulässig?
Der Fall: Abrunden von bruchteiligen Arbeitstagen
Die Klägerin war seit 2010 bei der Beklagten als Fluggastkontrolleurin am Flughafen Köln-Bonn beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag (kurz: MTV) für Sicherheitskräfte an Verkehrsflughäfen vom 04.09.2013 Anwendung. Ausweislich dieses MTV standen der Klägerin jährlich 30 Arbeitstage Urlaub zu. Da sie im Schichtdienst tätig war, fand nach dem MTV für sie eine Umrechnung ihres Urlaubsanspruchs nach der dort ausdrücklich genannten Formel
Anspruch Urlaubstage x gearbeitete Arbeitstage : 260
statt. So kam die Klägerin für 2016 bei 244 Arbeitstagen auf einen bruchteiligen Urlaubsanspruch von (gerundet) 28,15 Arbeitstagen (= 20 Arbeitstage gesetzlicher Mindesturlaub und 8,15 Arbeitstage vertraglicher Mehrurlaub). Der Arbeitgeber gewährte einen Urlaub von 28 Arbeitstagen, so dass nach Meinung der Klägerin noch ein bruchteiliger Urlaubsanspruch von 0,15 Arbeitstagen offen war. Daran entzündete sich ein Streit, weil sich der Arbeitgeber weigerte, diesen Resturlaubsanspruch zu erfüllen. Die Klägerin setzte ihn in Verzug – und verlangte nach dem gesetzlichen Verfall dieses Anspruchs am 31.03.2017 Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub in Höhe von 0,15 Arbeitstagen.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts
Ein Abrunden des Urlaubsanspruchs setzt eine gesetzliche oder tarifvertragliche Regelung als Grundlage voraus. Weder im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) noch in dem einschlägigen MTV sei eine solche Vorschrift enthalten. Auf etwaige Praktikabilitätserwägungen des Arbeitgebers käme es nicht an, weil sie im Tarifvertrag keine Berücksichtigung gefunden hätten. Eine ergänzende Tarifvertragsauslegung scheide mangels einer planwidrigen Lücke aus. Denn der Tarifvertrag verweise ergänzend auf das BUrlG.
Keine Abrundungsregelung im BUrlG
Im BUrlG ist nur für den Sonderfall Teilurlaub – d.h. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor dem 30.06. eines Jahres oder vor Erfüllung der sechsmonatigen Wartezeit – eine Aufrundungsvorschrift (§ 5 Abs. 2), aber eben keine Abrundungsvorschrift und schon gar nicht ein allgemeines Prinzip enthalten.
Dementsprechend hat die Klägerin den Rechtsstreit gewonnen. Der Arbeitgeber muss ihr den Ersatzurlaub durch bezahlte Freistellung gewähren.
Fazit
Arbeitgeber benötigen für den vertraglichen Mehrurlaub eine ausdrückliche Abrundungsermächtigung, die sich aus einem einschlägigen Tarifvertrag ergeben kann. Wie sich aus dem Urteil ergibt, gibt das BUrlG für ein Abrunden nichts her. Gibt es in dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag keine entsprechende Rundungsvorschrift, muss der Urlaubsanspruch in dem Bruchteil erfüllt werden, der konkret errechnet worden ist.
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